Die Logik des Misslingens


In diesem und weiteren Beiträgen kommentiere ich Aspekte aus dem Buch „Die Logik des Misslingens“ von Dietrich Dörner. In seinem Buch setzt sich der Psychologe Dörner mit strategischem Denken in komplexen Situationen auseinander.

Bereits 1992 erschienen, liest sich das Buch als sei es tagesaktuell. Der Rheinische Merkur schreibt zu dem Buch: „Komplexität erzeugt Unsicherheit. Unsicherheit erzeugt Angst. Vor dieser Angst wollen wir uns schützen. Darum blendet unser Gehirn all das Komplizierte, Undurchschaubare, Unberechenbare aus. Übrig bleibt ein Ausschnitt – das was wir schon kennen. Weil dieser Ausschnitt aber mit dem Ganzen, das wir nicht sehen wollen, verknüpft ist, unterlaufen uns viele Fehler – der Mißerfolg wird logisch programmiert. … Dietrich Dörner … führt uns all die vielen kleinen, bequemen, ach so menschlichen Denkfehler vor, für die im besten Fall nur einer, im schlimmsten Fall der ganze Globus büßen muß.“ Die FAZ bezeichnet das Buch als „Glücksfall“.

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In meinem ersten Beitrag zu diesem Buch widme ich mich der Komplexität. Dörner führt aus, Komplexität sei ein individuelles und kein objektives Phänomen. Dem Erfahrenen könne eine bestimmte Situation einfacher strukturiert erscheinen als sie sich für einen Unerfahrenen darstellt. Während der Erfahrene viele Details im Unbewussten verarbeitet und sich nur auf das Wesentliche konzentriert, muss sich der weniger Erfahrene mit einer Fülle einzelner Faktoren bewusst auseinander setzen. Ihm erscheint die Situation folglich wesentlich komplexer. Für Entscheider bezeichnet Dörner diesen Umstand grundsätzlich als Vorteil und leitet daraus ab, dass in Unternehmen Entscheider idealerweise Mitarbeiter mit Erfahrung sind. – Leider sind auch diese gegen Fehlentscheidungen nicht immun.

Mein Kommentar:

Zu Dörners Ausführungen hinsichtlich des bewussten und unbewussten Umgangs mit Komplexität hier ein Beispiel aus einem Team-Workshop mit LPScocoon. Zu einem gemeinsamen Anliegen verdeutlichte jedes Teammitglied seine individuelle Sichtweise in einer systemischen Aufstellung mit den Steinen von LPScocoon. Der Teamleiter wählte nur wenige Einflussfaktoren, die aus seiner Sicht wesentlichen, und stellte sie zueinander in Beziehung. Die Teammitglieder benannten durchweg eine deutlich höhere Zahl. Auffällig war auch, dass sich die Einflussfaktoren aller sehr unterschieden. Es wurden also sehr unterschiedliche Abhängigkeiten wahrgenommen. In der Diskussion der verschiedenen Darstellungen, sprich in der Divergenz er individuellen Sichtweisen, zeigte sich, dass in der Reduktion der bewusst wahrgenommenen Aspekte kein Vorteil lag.

Hilfreich sind Automatismen im Alltag, denn sie machen uns schnell handlungsfähig. Im Prozess einer Problemlösung jedoch liefert die Betrachtung scheinbar selbstverständlicher Faktoren wertvolle Erkenntnisse.

Die „Betriebsblindheit“ des Erfahrenen resultiert aus dem Ausblenden bereits bekannter Strukturen und lässt außer Acht, dass sich einmal getroffene Entscheidungen im Rückblick als falsch erweisen können. Im Teameinsatz der Steine von LPScocoon müssen daher alle Anwesenden ihre Sichtweise präsentieren können. Die Qualität der gemeinsamen Arbeit liegt in der Diskussion der Divergenzen. Nicht selten offenbaren sich die Faktoren mit entscheidendem Einfluss von für alle überraschend.

Ein tieferes Verständnis gewinnen Sie in Praxisdemos von LPScocoon und in dem Buch: Dörner, Dietrich: Die Logik des Mißlingens. Strategisches Denken in komplexen Situationen. Rowohlt Verlag, Reinbek, 1992