Wort für Wort ein Hochgenuss
Ich bin Hundebesitzerin und mein Leben lang gerne und viel gereist. Vielleicht war das der Grund, weshalb ich mir das Buch „Die Reise mit Charley“ von John Steinbeck bestellt habe. Nach einem gesundheitlichen Warnschuss lässt sich Steinbeck 1960, schon in fortgeschrittenem Alter, einen Truck zum Wohnmobil umbauen, schafft sich Pudel Charley an, weil er das Alleinsein scheut und startet zu einer mehrmonatigen Reise durch viele Staaten der USA. „Auf der Reise nach Amerika“ möchte er sein eigenes Land kennen lernen und verstehen. Das Buch ist aber weit mehr als ein interessanter Reisebericht. Schon nach wenigen Seiten verstand ich, wofür John Steinbeck den Nobelpreis verdient hat. Seine Worte zergehen auf der Zunge wie edelste Confiserie.
Jede Seite ein sprachlicher Hochgenuss. Was er sieht, hört und erlebt beschreibt er philosophisch reflektiert. Am Anfang voller Spannung auf neue Begegnungen und begeistert über das was er erlebt, wandelt sich gegen Ende der Reise seine Stimmung. Als Leser hatte ich den Eindruck, dass die Länge seiner Reise und die Sehnsucht nach seiner Frau seine Bereitschaft gedämpft hat, Erlebtes positiv zu werten. Manche Erlebnisse waren aber auch nicht schön zu reden. So geht er zum Beispiel mit der im Süden erlebten Rassendiskriminierung hart ins Gericht. Seine charakterisierende Beschreibung menschlicher Begegnungen in den unterschiedlichen Staaten hat mir eindrücklich vermittelt, dass es den Amerikaner nicht gibt.
Wer Freude an Sprache hat und wem tiefsinnige Gedanken und Erkenntnisse mehr geben als schillernde Reiseberichte, für den ist dieses Buch ein Muss. Ich habe das Buch langsam gelesen, manchmal nur drei oder vier Seiten, und mir dabei jeden Satz genussvoll auf der Zunge zergehen lassen. Ein Buch zum immer wieder lesen.
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